Umgang mit gesetzlichen Änderungen im Betrieb

Anfrage

19.07.2018

Compliance im Umweltrecht – Wie geht ein Betrieb mit den laufenden Änderungen um?

Mag. iur. Peter Gratzl beschäftigte sich im Rahmen seiner Re-Zertifizierung zum Compliance Officer (CO) mit der Frage, wie laufende rechtliche Änderungen am besten im Betrieb gemanagt werden und welche Rolle der CO dabei einnehmen sollte.

Betriebe sind angehalten die rechtlichen Anforderungen einzuhalten. Doch diese ändern sich laufend, da sich auch die Gesetzgebung weiterentwickelt. So hat jeder Betrieb mit rechtlichen Änderungen umzugehen, um den neuen Anforderungen entsprechen zu können. Tut er dies nicht, geht er das Risiko ein, dass Strafen und Haftungen schlagend werden.
Im speziellen Bereich des Umweltrechtes, das eine Querschnittsmaterie darstellt, ist ein Betrieb mit vielfachen Änderungen aus unterschiedlichen Bereichen konfrontiert – hier eine grafische Übersicht über die Anzahl der Rechtsänderungen im Bereich des Umweltrechts in den letzten Jahren.

Grafik_ Anzahl_Rechtsänderungen

Grafik Rechtsänderungen in den letzten Jahren

Diese Änderungen erfassen das EU-, Bundes- und Landesrecht. Für 2018 ist wohl mit ca. 350-360 Änderungen zu rechnen.

Die erste Problematik für den Betrieb in diesem Zusammenhang stellt sich bereits bei der Erhebung der Änderungen. Er muss also von der Änderung in Kenntnis gesetzt werden. Dies kann durch Lesen der einzelnen Gesetzblätter (ABl, BGBL, LGBl) oder über andere Infokanäle wie z.B. Newsletter oder Information der Wirtschaftskammer sowie durch den Besuch von Schulungen zu aktuellen Themen erfolgen.
Danach sind diese Änderungen auch inhaltlich zu erfassen, ob es sich nur um Fehlerkorrekturen oder Verweisanpassungen handelt oder ob wirklich neue Pflichten für den Betrieb erlassen wurden. Im Umweltrecht kommt erschwerend hinzu, dass neben den verschiedensten Bereichen wie Abfall, Energie, Bau, Strahlenschutz, etc. auch die unterschiedlichsten Personen beteiligt sind: Abfallbeauftragte, Sicherheitsfachkräfte, Sicherheitsvertrauenspersonen, BetriebsrätInnen, BetriebsleiterInnen, Umweltbeauftragte, etc.

Wie können nun Lösungsansätze aussehen?
Zunächst ist ein Betrieb gut beraten, laufend die Änderungen zu erheben und zu bewerten. Diese Erhebung verfolgt das Ziel, dass keine wesentlichen Änderungen übersehen werden und dass dadurch auch keine unbekannten Risiken vorherrschen. In der Praxis reicht es, alle 2-3 Monate die Änderungen zu erheben, an fachlich Zuständige zu verteilen und bewerten zu lassen. Die Dringlichkeit und das Risiko der Änderung sollten auch dokumentiert werden bzw. auch in Berichten für die Geschäftsführung aufgenommen werden. Ebenso sind, soweit erforderlich, Maßnahmen festzulegen und mit Verantwortlichen und Terminen zuzuweisen, damit der Betrieb der Änderung gerecht wird. In diesem Schritt ist externe Hilfe möglich.

Zusätzlich ist 1-2 Mal pro Jahr ein Workshop empfehlenswert, wo sich alle Beteiligten an einen Tisch zusammensetzen. So können die getroffenen Bewertungen nochmals in der großen Runde abgestimmt und auch die betriebliche Praxis wieder besprochen werden. Zusätzlich dient diese Veranstaltung der Schulung aller Beteiligten. Ergebnis dieses Workshops ist ein Protokoll, wo allfällige Ergänzungen und Adaptionen der Maßnahmen festgehalten sowie zusätzliche Verantwortlichkeiten definiert werden. In diesem Schritt ist externe Hilfe sinnvoll, um auch einen unabhängigen Blick auf die Dinge zu erhalten und zusätzliche Fachexpertise einzubringen.

Welche Rolle spielt hier der Compliance Officer (CO)?

  • Koordination
    Im Sinne eines einheitlichen Compliance-Systems sollte der CO die Schritte koordinieren, um auch die Vorgehensweisen im Betrieb einheitlich zu halten. Der Inhalt sollte nur bedingt die Werkzeuge und die Methodik vorgeben. Außerdem kann er als Schaltstelle die Kommunikation der Beteiligten sicherstellen.
  • Organisation
    Im Umweltrecht sind viele Fachexperten beteiligt, die „in Ihrer Welt“ leben. Hier kann der CO durch seine Möglichkeiten Hilfestellungen anbieten und zwischen den Beteiligten vermitteln. Gegenüber der Unternehmensführung kommt es zu einer Kanalisierung der Information über den CO.

Schlussendlich kann der CO auch einen ganzheitlichen Blick auf die Anforderungen und damit verbundene Risiken bewahren. Da er inhaltlich wohl nicht eingebunden ist, kann er bereichsübergreifend tätig werden und auch auf die Zusammenhänge hinwiesen, die allzu oft im Sichtfeld der Fachexperten nicht wahrgenommen werden.

© Mag. jur. Peter Gratzl